Gebiss/Zähne

 
Diese Seite behandelt das Gebiss in vier Kapiteln:
1. Der Zahnschluss
2. Das Gebiss
3. Das Welpengebiss (Entwicklungsstufen)
4. Zahnfehler

 
1. Der Zahnschluss (oder Gebissschluss)
Die vier Arten des Gebissschlusses im Schema:

Quelle: Otterhound Kennel CREEKHIKER
Der Zahnschluss bezieht sich NUR auf die Stellung der oberen Schneidezähne zu den unteren Schneidezähnen.

Beim Afghanen verlangt die FCI (erst seit 1987!) ein Scherengebiß, ein Zangengebiss wird nur noch toleriert.
In allen historischen Vorläufern des neuen 1987er FCI- Standards und in den Standards anderer Länder (wie den USA und Australien) wird entweder allein die Zange verlangt oder das
Zangengebiss wenigstens bevorzugt.

Die entsprechenden Passagen aus den Standards:

Deutscher Standard* FCI-Standard 1987  AKC-Standard 1946
Kiefer/Zähne:  MOUTH:  MOUTH: 
[1. Satz:]
Kräftige Kiefer mit einem perfekten, regelmäßigen und vollständigen Scherengebiss, 
[1.Satz:]
Jaws strong, with a perfect, regular and complete scissor bite,
[2. Teil:]
A scissors bite is even more punishing and can be more easily bred into a dog than a level mouth, and a dog having a scissors bite, 
d.h. dass die obere Schneidezahnreihe ohne Zwischenraum über die
untere greift 
i.e. the upper teeth closely overlapping lower teeth  where the lower teeth slip inside and rest against the teeth of the upper jaw, should not be penalized. 
und die Zähne senkrecht im Kiefer stehen. and set square to the jaws. -
[2. Satz:]
Zangengebiss zulässig. 
 
 
 
 
 

 

[2. Satz:]
Level bite tolerated.
 
 
 
 
 

 

[1. Teil:]
The underjaw showing great strength, the jaws long and punishing; the mouth level, meaning  that the teeth from the upper jaw and lower jaw match evenly, neither overshot nor undershot. This is a difficult mouth to breed. 
- - [3. Teil:]
FAULTS:  overshot or undershot.
*in der Übersetzung vom 03.06.1998 von Herr Uwe H. Fischer
Australischer Standard 1946:
MOUTH: Level.

Kommentierung der obigen Standards:
In englischen Standards ist ausschließlich vom "bite", dem Zahnschluss, die Rede.
Damit ist die Stellung der oberen zu den unteren Schneidezähnen gemeint,
also ein Scherengebiss ("scissor bite") bzw. ein Zangengebiss ("level bite").
Wie bereits angedeutet, geht Großbritannien als Patronatsland für den Afghanen seit 1987 einen Sonderweg, indem es die Präferenz vom Zangengebiss, wie es bisher üblich war und in anderen Ländern immer noch ist, umkehrte zum Scherengebiss.
(Demzufolge sollten beide Zahnschlüsse in der Praxis gleichgestellt sein.)


Der anschliessende Relativsatz nimmt eindeutig - und ausschließlich! - Bezug 

auf ein Scherengebiss bzw. Zangengebiss (siehe auch das Schema).
Die vorangestellten Attribute definieren ebenfalls die dafür relevanten Zähne 
und beziehen sie sich demzufolge auf die Schneidezähne (und nur auf diese):
Die Schneidezähne sollen perfekt, regelmäßig und vollständig sein.

Soviel zum Zahnschluss, nun zu dem übrigen Gebiss:

Eine Aussage bezüglich der übrigen Zähne im Kiefer des Hundes wird nicht getroffen. Es wird nicht explizit ein komplettes Gebiss von 42 Zähnen gefordert.
Ein vollständiges Gebiss wäre "complete dentition".

In einer Mitteilung des VDH vom 14.12.89 an seine Mitgliedsvereine heisst es:
"Nachdem eine sehr große Anzahl der im Juni 1987 geänderten britischen Standards ins Deutsche übersetzt und durch die FCI veröffentlicht worden sind, erlauben wir uns, Sie auf einen Wortlaut hinzuweisen, der möglicherweise Anlaß von Diskussionen sein könnte:
In vielen Standards ist unter Fang/Gebiss folgende wörtliche Übersetzung zu finden:
      ....vollständiges, regelmäßiges und perfektes Scherengebiss...
Die FCI hat bezüglich des Begriffs vollständig beim englischen KennelClub angefragt, ob unter dieser Formulierung ein Gebiß mit 42 Zähnen zu verstehen ist. Die Antwort des Kennel Clubs besagt, daß  v o l l s t ä n d i g  bei den britischen Standards nicht bedeutet, daß ein Gebiss mit 42 Zähnen vorgeschrieben ist. Lediglich die obere und untere Schneidezahnreihe muß jeweils 6 Schneidezähne aufweisen."

Ein Formwertrichter auf Ausstellungen muss demzufolge auf einen korrekten Zahnschluss achten, nicht auf ein komplettes Gebiss (sprich 42 Zähne). 
Das heisst nicht, dass egal sei, wie viele Zähne fehlen. Im Standard heisst es weiter:
"Fehler: Jede Abweichung von den vorgenannten Punkten muss als Fehler angesehen werden, dessen Bewertung im genauen Verhältnis zum Grad der Abweichung stehen sollte. "
Es ist also nicht egal, ob 1 oder 5 Premolaren fehlen. Der Standard verlangt von dem  Richter eine Bewertung der Zahnfehler und einen entsprechenden Einfluß auf die Wertnote. Es ist rechtens, wenn auf der Ausstellung die Zahnfehler genauso subjetiv gewertet werden wie alle anderen Fehler gemäß Standard.
In der obigen Mitteilung des VDH heisst es weiter: 
"Allerdings erläutert auch der Kennel Club in der Broschüre "Glossary of Terms" die wünschenswerte Anzahl von Prämolaren und Molaren. Aus diesem Grund legen wir Wert auf die Feststellung, dass ein Richter einen Hund mit einem oder 2 fehlenden kleinen Prämolaren nicht abwerten sollte. Auf der anderen Seite sollte ein Hund mit einem erheblichen Prämolarverlust mit Sicherheit nicht in höchsten Wertnoten angesiedelt bzw. mit Anwartschaften
ausgezeichnet werden."
Es dürfen demnach bis zu 2 kleine Prämolaren, also P1 und evtl. P2 fehlen, um einem Hund ohne irgendeine Abwertung eine Anwartschaft zuerkennen zu können. Fehlen mehr als 2 Prämolaren oder gar andere Zähne, sollte abgewertet werden.
 

Freibrief zum Züchten mit Zahnfehlern?
Ein toleranter Umgang mit Zahnfehlern bei Formwertrichtern einerseits und die Zucht andererseits sind zwei verschiedene Dinge. Wie viele Zahnfehler noch eine Ankörung und damit die züchterische Verwendung erlauben, ist Sache der Vereine. Die Körordnung des DWZRV reglementiert die Zucht mit Zahnfehlern:
"[...] Ein Hund kann noch angekört werden, wenn ihm nicht mehr als drei Prämolaren, davon mindestens ein P1, fehlen. Mit drei fehlenden Prämolaren soll ein Hund nur dann angekört werden, wenn er im übrigen Vorzüge aufweist, die eine Zuchtverwendung trotz dieses schwerwiegenden Mangels vertretbar erscheinen lassen. Eine evtl. Prüfung obliegt der Körkommission unter Hinzuziehung eines unbeteiligten Richters." 
(Durchführungsvbestimmungen zur Körordnung, § 1.3)
Außerdem besagt die DWZRV-Zuchtordnung, dass ein Hund mit Zahnfehler nur mit einem zahnfehlerfreien Hund verpaart werden darf:
"Zahnfehler: Ein Hund mit Prämolarverlust darf nur mit einem Partner gepaart werden, dessen Prämolaren vollständig sind."  (Durchführungsbestimmungen zur Zuchtordnung, § 3)
In der Praxis beschränken die Kör- und Zuchtbestimmungen den Einsatz von Hunden mit Zahnfehlern. Darüber hinaus liegt es, wie auch bei allen anderen Standardfehlern (Gesundheit usw.), in der Verantwortung des Züchters.
 

"Gebißschluss" als Zahnschluss des kompletten Gebisses?
Eine andere Meinung zur Interpretation des "complete bite" besagt, daß mit dem Zahnschluss nicht nur die Schneidezähne gemeint seien, sondern alle Zähne, die sich beim geschlossenen Kiefern berühren bzw. überlappen. Demzufolge beträfe der Zahn-/Gebisschluss auch die Fangzähne, die Reisszähne und Backenzähne - jedoch NICHT die vorderen Prämolaren. Zwischen den vorderen Prämolaren (P1 + P2) ist immer ein Zwischenraum, niemals ein "Zahnkontakt" ("bite" = lateinisch "oclusion" = Kontakt, Berührung).
 

Weitere Unterschiede zwischen dem FCI- und dem AKC-Standard, 
abgesehen von der umgekehrten Vorliebe für Scheren- und Zangengebisse und 
der ausführlichen amerikanischen Erklärung diesbezüglich:
Der AKC-Standard verzichtet auf senkrecht im Kiefer stehenden Schneidezähnen
(Meine Anmerkung: Bei einem zu flachen (und eventuell sogar noch zu kurzen) Unterkiefer stehen die Schneidezähne schräg im Kiefer, da die Wurzeln nicht genug Platz haben. Der amerikanische Standard verzichtet auf den ausdrücklichen Hinweis, auf senkrechte Zähne und demzufolge auf einen tiefen Kiefer zu achten.)
 
 

2. Die Zähne
Der Schädel eines Windhundes:

Quelle:  www.tierschaedel.de

Das Schädel eines Wolfes & Gebiss eines Schäferhundes:

Quelle:  www.barfers.de 

Ein vollständiges Gebiss im Schema:

Quelle: Otterhound Kennel CREEKHIKER

Unterkiefer
Oberkiefer
1. 6 untere Schneidezähne 5.  6 obere Schneidezähne
2.  2 untere Fangzähne 6.  2 obere Fangzähne
3. 8 untere Vorbackenzähne 
       (Prämolaren)
7.  8 obere Vorbackenzähne 
       (Prämolaren)
4.  6 untere Backenzähne 
       (Molaren)
8. 4 obere Backenzähne 
       (Molaren)

Die Anatomie des Gebisses nach einem abstrakten Schema:

Das bleibende Gebiß:
Jeweils links und rechts im Oberkiefer: Jeweils links und rechts im Unterkiefer:
3 Incisiven (Schneidezähne) 3 Incisiven
1 Caninus (Fangzahn) 1 Caninus
4 Prämolaren (Vorbackenzähne) 4 Prämolaren
2 Molaren (Backenzähne) 3 Molaren

Insgesamt befinden sich also im bleibenden, vollständigen Gebiß 42 Zähne, 20 im Oberkiefer und 22 im Unterkiefer. Am deutlichsten ausgeprägt und auch am größten sind hiervon die Fangzähne und die Reißzähne (im Oberkiefer sind dies: der vierte Prämolar, im Unterkiefer: der erste Molar).
 

3. Das Welpengebiss (Entwicklungsstufen)

Milchgebiss

Während bei der Geburt bei unserem Hund noch keine Zähne vorhanden sind, brechen zunächst die Milchzähne - etwa im Alter von 4 Wochen - im Unterkiefer, auch manchmal etwas früher, durch. Mit Ende der 6. Lebenswoche ist dann das vollständige Milchgebiß ausgebildet.

Es besteht im Ober- und Unterkiefer links und rechts jeweils aus:

3 Milchincisiven (Schneidezähne)
1 Milchcaninus (Fangzahn)
3 Milchprämolaren

Der vorletzte Milchprämolar des Oberkiefers und der letzte Milchprämolar im Unterkiefer arbeiten zusammen und bilden die Reißzähne. Die Milchzähne sind graziler und spitzer geformt als die bleibenden Zähne und häufig leicht bläulich gefärbt. Jeder Zahn besteht aus Zahnkrone, Zahnwurzel und Zahnhöhle. Das Milchgebiß hat insgesamt 28 Zähne, es fehlen hier die Prämolaren 1 (4 Stück) und die Molaren (10 Stück), die nur einmal für das bleibende Gebiß heranwachsen.

Zahnwechsel

Der Zahnwechsel ist bei unserem Hund ein komplizierter Vorgang, der auch bestimmt nicht schmerzfrei ist. Da die Milchzähne vollständig ausgebildete und - besonders am Fangzahn - bemerkenswert lange Wurzeln besitzen, müssen diese durch den Druck der nachwachsenden Zahnkeime der zweiten Bezahnung resobiert, das heißt aufgelöst werden. Wahrscheinlich wird dieser Vorgang auch durch spezielle Freßzellen unterstützt. Die Milchzahnwurzel wird also von innen und außen abgebaut, bis der Zahn seine Verankerung im Zahnfleisch und im knöchernen Zahnfach verliert und ausfällt. Der Zahnwechsel beginnt meist im Alter von dreieinhalb Monaten und ist in der Regel mit sechs Monaten bei unserem Hund abgeschlossen.

Der Zahnwechsel beginnt mit den Schneidezähnen, dann erscheinen die Prämolaren 1, die keinen Milchzahnvorläufer haben und nur einmal ausgebildet werden. Nacheinander erscheinen die Molaren (auch kein Milchzahnvorläufer) und dann werden die Prämolaren gewechselt. Die Fangzähne brauchen auf Grund ihrer langen Wurzeln besonders lange zum Ausfallen und es kommt auch häufig vor, daß der Milchfangzahn (blauverfärbt und wackelig) noch vorhanden und daneben bereits der bleibende Fangzahn durchgebrochen ist. Doch so kleine Defekte werden normalerweise auf natürlichem Wege innerhalb kurzer Zeit von selbst behoben. 
Während des Zahnwechsels kann es auch durchaus zu einer kurzfristigen Unausgeglichenheit des Scherengebisses kommen, das sich in der Regel nach Abschluß des Zahnwechsels und nach Fertigwuchs des bleibenden Gebisses von selbst wieder reguliert. Bei bleibenden Fehler am Scherengebiß, Über- oder Unterbiß ist die Gefahr der Vererblichkeit gegeben.
 
 

Die Entwicklungsstufen des Gebisses vom neugeborenen Welpen, dem Durchbruch der Milchzähne und dem Zahnwechsel zum bleibenden Erwachsenegebiss:
siehe dazu ausführlich in Wort und Bild in vielen Skizzen: Bitte hier klicken.

4. Zahnfehler

Hypodontie (angeborene Zahnunterzahl, lat. "hipodontio")

Zahnfehler kommen beim Hund leider immer wieder vor, selbst wenn seit vielen Generationen ausschließlich mit zahnfehlerfreien Hunden gezüchtet wird. Vermutlich muss eine Kombination mehrerer Gene zusammen treffen, bevor ein Zahn fehlt. Da Zahnfehler rezessiv vererbt werden, kann ein vollzahniger Hund mit einer großen rezessiven Belastung (in der Linie viele Zahnfehler für verschiedenen Zähne) massiver Zahnfehler vererben als ein Hund mit einem fehlenden P1, der aus einer Linie mit lediglich diesem Zahnfehler stammt.

Hyperodontie (angeborene Zahnüberzahl, lat. "hiperdontio") 

Zu viele Zähne kommen selten vor, meistens handelt es sich um einen zweiten P1, eine Doppelanlage von Schneidezähnen oder um einen verkümmerten Schneidezahn im mittleren Oberkiefer ("Mesiodens"). Seltener sind Molaren oder Zähne des Milchgebisses betroffen.
Die Ursachen der Zahnüberzahl sind ungeklärt, vermutet wird eine Zahnkeimspaltung bzw. eine Überproduktion der Zahnleiste in Kombination mit genetischen Faktoren. Eine Zahnüberzahl kann den Durchbruch der normalen Nachbarzähne erheblich stören, deshalb ist meist eine Entfernung der überzähligen Zähne nötig. 

Vererbung von Zahnfehlern
 Leider liegt mir bis heute kein Artikel über den Vererbungsmodus von Zahnfehlern vor.
 

Linkangaben:
Ein weiterführender Abschnitt über Zahnstein: thttp://www.otterhound.ch/z%E4hneA.htm
weitere tolle Gebißbilder auf Dalmaweb: http://www.leveste.de/dalmaweb/gebiss.htm